Unsere Grundannahme ist, dass der negative Einfluss der Corona-Pandemie im Laufe des ersten Halbjahres 2021 abnehmen wird und danach nur eine untergeordnete Rolle spielt. Ab Herbst 2021 dürften erhebliche negative Auswirkungen durch neue Corona-Wellen ausbleiben, da bis dahin breite Bevölkerungsteile geimpft sein sollten. Die in vielen Regionen weiterhin sehr dynamische Entwicklung der neuen Corona-Fälle führt in der Eurozone und in Deutschland zu einem wirtschaftlichen Rückschlag im 4. Quartal mit voraussichtlich negativen Wachstumsraten. Auch der Jahresanfang wird zunächst weiter durch bestehende Shutdowns überlagert sein. Abhängig davon, wie schnell diese wieder aufgehoben werden, bestehen somit auch für das erste Quartal noch belastende wirtschaftliche Auswirkungen, die noch weiter Monate negativen Wachstums nach sich ziehen könnten.
Derzeit ist vor allem China die Wachstumslokomotive der Weltwirtschaft, nachdem die dortige Volkswirtschaft die Vorkrisenniveaus schon wieder überschritten hat und als einzige große Volkswirtschaft im Gesamtjahr kein negatives Wachstums zu verzeichnen hat. Entsprechend sind Frachtkapazitäten auf einigen internationalen Schifffahrtsrouten derzeit wieder voll ausgelastet. Davon profitiert schon jetzt insbesondere die deutsche, stark exportorientierte Industrie durch hohe Auftragseingänge und Produktionsniveaus. Die deutsche Industrie kann in der Folge voraussichtlich die seit zwei Jahren andauernde Rezession beenden.
Auch in den USA ist kurzfristig mit einem wirtschaftlichen Rückschlag aufgrund der stark steigenden Corona-Fallzahlen zu rechnen. Entsprechend stiegen zuletzt die Neuanträge auf Arbeitslosenunterstützung an, die Einzelhandelsumsätze sowie die Zuversicht der Unternehmen gingen zurück. Spätestens ab dem 2. Quartal 2021 wird dann jedoch auch global eine kräftige wirtschaftliche Erholung einsetzen, die auf Jahressicht zu überdurchschnittlichen Wachstumsraten führen wird. Diese Perspektive dürfte einer der wesentlichen Faktoren für die auch zuletzt trotz kurzfristiger Rückschläge deutlich steigenden Aktienkurse sein.
Die geldpolitische Ausrichtung der EZB und der US-Notenbank Fed wird auf absehbare Zeit und zumindest das komplette Jahr 2021 über ultra-expansiv bleiben. Vor allem werden Staaten – trotz explodierender Staatsschulden – und Banken weiterhin günstigste Refinanzierungsbedingungen geboten, um deren Unterstützung von Unternehmen und Volkswirtschaften auf dem Pfad der wirtschaftlichen Erholung hoch zu halten. Daraus resultiert eine immer engere Verflechtung von Geld- und Fiskalpolitik, die kurzfristig zwar stabilisierend wirkt, langfristig aber ordnungspolitische Fragen aufwirft und die Diskussion um die Unabhängigkeit der Notenbanken zu einem wichtigen Thema in den kommenden Monaten werden lässt.
Die Inflationsraten könnten schon im zweiten Quartal die Vorkrisenniveaus wieder erreichen – mit ein bis 1,5 Prozent in der Eurozone. Einerseits wirkt eine dynamische wirtschaftliche Erholung preisniveausteigernd. Schon heute sind aufgrund der dynamischen Entwicklung der Industrie und zunehmender Kapazitätsengpässe bei der Produktion und beim Transport von Vorleistungen preissteigender Tendenzen erkennbar. Andererseits werden die Wiedererhöhung der Mehrwertsteuer in Deutschland sowie ölpreisbedingte Basiseffekte1 für einen relativ schnellen Inflationsanstieg sorgen.
Daraus resultierender Zinsanstiegsdruck bei längeren Laufzeiten dürfte jedoch durch die Wertpapierkäufe der Notenbanken begrenzt bleiben. Insgesamt bleiben damit die Zinsen auch im kommenden Jahr auf tiefen Niveaus verankert. Dadurch werden reale Kapitalanlagen wie Aktien, Immobilien und Edelmetalle sowie auch Kryptowährungen strukturell unterstützt. Auf der Aktienseite dürften vorerst weiterhin zyklische, also besonders vom wirtschaftlichen Aufschwung profitierende Segmente besonders gefragt bleiben, wodurch das Aufholpotenzial für deutsche und europäische Aktienindizes im Vergleich zu breiten US-Aktienindizes stärker ausfallen könnte.
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